Philosophie

Eine Nicht-Motorrad-Geschichte.

Griechenland, nach einem klärenden GewitterEines möchte wir gleich vorwegschicken: Wir sind keine hauptberuflichen Philosophen, Akbar und ich. Zwar habe ich, der Reiter, mich vor einer schieren Ewigkeit einmal auf der Uni mit diesem Thema auseinandergesetzt, aber das ist schon lange her und von dieser dort gelernten Theorie ist nichts mehr übrig geblieben. Alle, die keinen Bock drauf haben, sich mit theoretischem Kram rumzuschlagen, sondern die das Leben selbst interessiert, sollen bitte nicht gleich weggehen, nur weil wir und in den nächsten Zeilen mit dem Thema anscheinend nur theoretisch auseinandersetzen. Es kommt anders.

Am 20. Januar 2002 gab es nun im ZDF eine Gesprächsrunde, "Im Glashaus - das philosophische Quartett". Die Freude war groß, hier berufenen 'Kollegen' zusehen zu dürfen, wie sie sich mit Themen auseinandersetzen, die ja schließlich jeden von uns betreffen. Denn Philosophie ist nicht elitäre Wissenschaft wie etwa Quantenphysik, von der niemand etwas versteht außer einer kleinen Runde Eingeweihter. Nein, Philosophie ist - ja was ist das eigentlich überhaupt? Also das Wort kommt aus dem Griechischen (eh klar), wobei philos der Freund ist und sophia die Weisheit des Weisen (was für eine Verpflichtung für die von uns, denen dieser Name auf ihren jetzigen Erdenweg migegeben worden ist (ein schmunzelndes und ein ernstes Auge)). Zusammen sinngemäß Die Liebe zur Weisheit. So weit so gut. Wenn man nun im Brockhaus oder Herder oder wo sonst noch weiterliest - und es steht eine Menge drin - dann beginnt schon das Lernen: Die erste spekulative Deutung dieses Wortes gab Plato: Nach ihm ist der Sophist der, welcher wissend zu sein... und so weiter und so fort. Damit sind wir dort, wo wir entscheiden müssen: Wollen wir uns hier mit diesem neuen Thema auseinandersetzen oder nicht? Wenn ja, dann gibt es da tolle Bücher, wie etwas Sophies Welt, in denen sozusagen spielerisch die Thesen der Philosophen an uns herangetragen werden. Spielerisch hin, spielerisch her, es geht ans Eingemachte, graue Zellchen zu mobilisieren, denn das philosophische ABC besteht nun mal darin, zumindest die Grundkonzepte der wichtigsten Philosophen zu kennen. Oh weh! Zuerst mal lernen wie wild, damit man mitreden kann? Ist schon irgendwie entmutigend, finde ich. Wie soll denn da jemand, der mit Thesen anderer Leute nichts am Hut hat, die Kurve kratzen, um in diese erlesene Riege aufgenommen zu werden? Wie soll eine Hausfrau und Mutter, die den ganzen Tag von ihren fünf Kindenrn geschafft worden ist, noch die Energien hernehmen, zuerst eine Menge zu lernen, um Antworten auf Fragen zu bekommen, die sie beschäftigen? Oder wie soll es der Bauarbeiter, der sich nie mit solchen Dingen auseinandersetzt, dem schon bei den ersten Worten der Frust den Rücken rauf und runterläuft? Und ich dachte, Liebe zur Weisheit wäre für jedermann...

Feigen-Kaktusblüte - Auch wenn ich Freude gebe...Nochmals zurück zu der Runde im Glashaus. Moderiert von den Philosophen und Schriftstellern Sloterdijk und Safranski wurde über das Thema Angst diskutiert, es lautete Angst - Warum es keine Sicherheit gibt. Die Diskussion war sehr interessant, fundiertes oben erwähntes Wissen als Basis für Dialoge vorhanden, in denen sich die Klingen dieser Profis kreuzten. Neben dem Pfarrer Friedrich Schorlemmer war da noch Reinhold Messner, den ja jeder kennt, unter dem Aspekt eingeladen, Profi für das Erleben von Angst zu sein. Und da habe ich etwas ganz Interessantes mit Freude festgestellt. Während alle anderen mit ihrem Wissen brillierten und theoretisierten (vielleicht wirkliche Angst gar nicht kennen), war seine Aussage (sinngemäß): Ich bin kein Philosoph der Theorie, sondern für mich ist die Philosophie das Leben selbst, dem ich mich durch eigene Beobachtung nähere. Bravo!

Was nützt uns alle Philosophie der Welt, Millionen Seiten Geschriebenes, das wir sowieso nie ganz kennen können, wenn es letzlich lediglich um unser mehr oder weniger einfaches eigenes Leben geht, mit dem sich kein Philosoph auseinandersetzt? Um unsere ureigensten Probleme geht, die wir anderen eventuell gar nicht mitteilen wollen und vielleicht nicht einmal selbst genau kennen? Nichts. Denn Leben ist eben Leben, Bewegung, Auseinandersetzung mit dem Jetzt und Hier! Wir leben in einem Universum auf dem kleinen Bällchen Erde, von der wir wenig wissen.

Neben den bekannten drei Dimensionen gibt es noch eine Vierte, die Dichte, mit der es stufenweise dorthin geht, wozu manche 'Esoterik', 'Jenseits' oder wie auch immer, sagen. Aber auch wenn wir diese Ebenen nicht sehen: Es gehört alles zusammen! Ein mächtiges Weben und Wogen zwischen drüben und hier, zwischen dir und mir, ständige Bewegung, Farben, Gewitter und Sonne, laue Lüftchen und Orkane reißen uns Wunden und heilen sie gleich darauf wieder, kneten und formen uns, werfen uns umher - alles im Hier und Jetzt, dort und hier zugleich! Keine graue Theorie, sondern pralles Leben, heftig, bunt, aufschäumend, allzeit bereit, uns auf seinen turmhohen Wogen überall hin zu bringen, wohin wir auch wollen. - - - Ernüchterung. Wohin wir wollen? Ja, wollen wir denn? Oder sitzen wir zu Hause vor dem Fernseher und stopfen Chips hinein und lassen uns was vorspielen, weil wir zu feige sind, uns die Finger selbst am Leben zu verbrennen? Zu bequem, den anderen die Zügel aus der Hand zu reißen, auf unseren Wagen zu springen und selbst laut rufend unser Pferd anzufeuern, uns unseren ersehnten Wünschen und Sehnsüchten schnell nahe zu bringen? Haut doch mit der Faust auf den Tisch, daß es kracht, atmet tief ein, daß der Panzer um eure Brust zerspringt und ihr werdet sehen, daß das Leben für jeden, ja, wirklich: Für jeden da ist, mit seiner ganzen Zuwendung und Freude, Verstehen und Liebe. Es ist wie ein riesiger bunter Zug, der andauernd durchs Universum donnert, für jeden Überraschungen, Freuden, Möglichkeiten zu lernen und sich zu entwickeln, bereit hält. Nur eine Kleinigkeit ist dabei zu beachten: Der wunderbarste Zug der Träume nützt nichts, rein gar nichts, wenn wir nicht aufspringen. um mitzufahren! Wenn wir sitzen bleiben auf den staubigen Steinen neben dem Bahndamm, haben wir nicht nur nichts von den Genüssen und Freuden, die uns der Zug bietet, sondern, im Gegenteil: Sein Wind reißt uns die Haare vom Kopf, treibt uns den Staub in die Augen und die Toilette ist keine chemische, sondern sie wird während der Fahrt einfach entleert... Na, mal ehrlich, welche Alternative ist wohl die schönere? Also bitte, einmal die Energie aufbringen und aufspringen.

Allerdings möchte ich noch vor einem warnen. Unser Zug gleitet nicht immer ruhig säuselnd dahin. Manchmal schon, dann können wir am Pool liegen und uns in der Sonne räkeln. Aber plötzlich hüpft er (vielleicht vor Freude), dann bockt er wie ein widerspenstiges Pony. Das geht meist ganz plötzlich. Es sind die Augenblicke, in denen es leicht passiert, daß man runterfällt. Das ist aber nicht böse gemeint, sonder es ist eher Übermut! Also nicht persönlich nehmen, sondern einfach nebenher laufen und wieder aufspringen. Wenn ihr dann wieder oben seid, werdet ihr, wenn ihr ganz genau hinseht, erkennen, wie ganz vorne die Lokomotive kurz den Kopf wendet und Euch mit dem rechten Auge zublinzelt.

Feigenkaktus - ...ist mir die Fülle der Ernte gewiß!Ja, das verstehen nun wir unter Philosophie, Akbar und ich. Liebe zur Weisheit ist Liebe zur All-Weisheit. Und wie das Wort 'All' schon signalisiert: Es ist eben alles, draußen wie drinnen, hüben wie drüben, du, ich, wir zusammen und das alles immer jetzt. Weisheit ist aber nicht verstaubte Pseudo-Abgeklärtheit, sondern Weisheit ist wie eine Birke: Biegsam, durchläßig oder wie Wasser, das wohl erstaunlichste Element. Weisheit bedeutet unbedingt äußerste Bewegung wobei man dann den höchsten Grad erreicht hat, wenn es gelingt, sich jederzeit und sofort neuen Situationen rückhaltslos anpassen zu können. Weisheit ist auch weit entfernt von Humorlosigkeit! Im Gegenteil, der wirklich Weise wird sich über Kleinigkeiten amüsieren können, gleichgültig, ob die Quelle andere, anderes oder er selbst ist. Liebe zur Weisheit, zur Wahrheit ist nicht mit dem Kopf erlernbar und ist dadurch auch nicht in Form von 'Wissen' vorzeigbar, sondern sie entsteht zuerst ganz leise in uns, beginnt zu wachsen, wird zum Bild, das wir dann irgendwann einmal betrachten können, dann wird das Bild dreidimensional, sodaß wir es von verschiedenen Seiten ansehen können und wenn wir so weit sind, dann erklärt sich alles von selbst, dann sind wir auf dem besten Weg, All-Weisheit zu erreichen. Wir brauchen nicht mehr nachzudenken, wer was wann gesagt hat, sondern wir schöpfen aus uns selbst, unseren Erfahrungen und Erkenntnissen, können blitzschnell zuordnen, verstehen, es gibt nur noch Antworten und immer weniger Fragen. Wir sind dann glücklich, rund, haben keine Probleme mit uns, anderen, Gesundheit oder Finanzen - siehe, er kommt hüpfend über die Berge.

Und das Schöne an dem allen ist, daß jeder, wirklich jeder von uns diesen Zustand erreichen kann! Mag er momentan noch so bedrückt oder krank sein, es gibt kein 'zu spät', um nicht am Leben teilzuaben. Es gilt: Gleiches Recht für alle. Wenn wir das nicht so sehen, dann liegt das lediglich daran, daß wir noch nicht alle Zusammenhänge kennen. Nur eben: Du mußt wollen!

Vielleicht kommt noch jemand auf die Idee, zu fragen, warum es dann nicht 'Esoterik auf dem Rücken eines Motorrads' heißt. Esoterik ist ein Begriff mit dem ich - Entschuldigung - nicht geerdetes Schweben verbinde. Der bei vielen einen leicht wohlig-gruseligen Schauer in Zusammenhang mit dem Jenseits über die Wirbelsäule entlangspazieren läßt. Nüchtern betrachtet, d.h. wieder im Lexikon nachgeschlagen, wird es auch nicht viel besser: Ein Esoteriker ist jemand, der in Geheimlehren einer Religion, Schule oder Lehre eingeweiht ist. Igitt. Akbar und mir geht es aber um nichts Geheimes, sondern lediglich ganz einfach um das ganz normale Rundherum, das jeden Morgen beginnt, am Abend endet und eventuell noch in schlaflosen Nächsten ein wenig weiterflackert. Und da finden wir Philosophie eben passender.

Und warum nicht Psychologie auf dem... ? Psychologen sind Menschen, die anderen helfen (wollen). Die Klammer soll übrigens nicht Zynismus ausdrücken, sondern es lediglich korrekt darstellen. Es klappt ja mit dem Helfen nur insoferne, als das Gegenüber sich auch helfen läßt oder die Hilfe auch passend ist. Psychologen sind wir aber nicht, Akbar und ich; wenn wir das behaupteten, dann würde uns deren Zunft wohl gehörig vors Schienbein treten. Wir möchten vielmehr nur Denkanstöße geben (würden uns auch sehr freuen, wenn andere mit anstoßen (es kann natürlich auch ein Glas Rotwein sein)!), denn kein Mensch kann einen anderen auch nur um ein Jota ändern! Jeder muß das selbst an sich vollziehen. Und so wollen wir versuchen, mit ausschließlich selbst Erlebtem und einer dringend nötigen Portion Humor (der oben beschriebene Zug wirft humorlose Leute besonders häufug ab) einfach da zu sein und Euch an unseren Erkenntnissen teilhaben zu lassen.

In diesem Sinne: Springt auf, Euer Platz ist schon reserviert!